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Folge 5: Gemeinsam vereinzelt. #metoo und wenn das Private politisch wird.

Für mich war es DER Knackpunkt, zu verstehen, dass vor allem andere Frauen die gleichen unangenehmen Erfahrungen machen, wie ich. Zunächst ist es nett, nicht allein zu sein - zum anderen wird klar, dass Sexismus fest in unsere Gesellschaft einprogrammiert ist. Das zeigte auch die #metoo-Bewegung: Aus einer kollektiven Scham heraus ermächtigten sich unzählige Frauen und entlarvten (mal wieder) unsere Kultur - eine rape culture. Erfahrungen, die Frauen einzeln gemacht hatten, zeigten ihre grotesken Gemeinsamkeiten. Das bedeutet für mich, dass struktureller Sexismus wie auch Rassismus nicht von mir allein bewältigt werden kann. Ich glaube, dass wir politisch werden müssen - so wie einst die westdeutschen Frauen der 70er Jahre Privates politisierten.

Shownotes zur Podcastfolge:

53 deutsche Unternehmen wollen 0 Prozent Frauen im Vorstand

Jetzt.de-Artikel zu „Auch Frauen können sexistisch sein. Wir sollten das aber nicht so nennen"

Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland/ Sexuelle Gewalt - TäterInnen und Tatorte, S.78

Deutschlandfunk-Beitrag Ein Tomatenwurf als „Funke im Pulverfass"

Julia Korbik: Stand up. S.123-127 Geschichte der 70er Jahre Frauenbewegung

 

weiterführende Infos:

Jetzt.de-Artikel zum „Lach doch mal“-Spruch

TED-Talk von metoo-Begründerin Tarana Burke

Buchtipps zum Thema Rassismus bzw. Antirassismus

Extra-Buchtipp am Ende des Podcasts:

Liv Strömquist: Der Ursprung der Liebe

 

Über den Kauf bei buch7.de wird gleichzeitig für einen guten Zweck gespendet.

Wer sich neu kaufen nicht leisten will/kann: justbooks.de hilft, das günstigste gebrauchte Buch im Netz zu finden.

1000Dank an alle Sprachnachrichter*innen

Coverdesign: Svenja Limke

Titelmusik: Louis Schwadron

Transkript

Die Folge als Text!

Bitte beachte: Das Transkript wurde automatisch mit noScribe Vers. 0.5 erstellt und ist nicht perfekt.

[00:00:21]: Das ist Feminismus mit Vorsatz, der Podcast rund ums F-Wort mit mir, Laura. (..) Ja, war schon schön Feedback zur letzten Folge zu bekommen und vor allem, dass viele feststellten, dass sie auch cool Girls kennen oder selbst welche waren oder auch immer wieder welche sind. Meine Schwester zum Beispiel meinte, dass sie jetzt noch mal aus einem anderen Blickwinkel sehen kann, warum sie Robin von How I Met Your Mother immer so gefeiert hat. Also schreibt mir gern immer wieder, wie dir die Folge gefallen hat und vor allem würde mich interessieren, ob du mir auf diesem Weg in eine feministischere Perspektive immer noch folgen kannst. Ich mache das ja, damit du mitkommen kannst und wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht mehr geht, wäre blöd. Davon abgesehen haben mich viele Leute seit Beginn des Podcasts auch immer wieder mit großen Augen gefragt, wie ich das eigentlich finanziere und wie viel Zeit ich pro Folge so brauche und ob der Podcast mein Hauptverdienst ist oder ob Spotify mir irgendwas pro gespielter Folge zahlt. Und falls du dich das auch schon gefragt hast, [00:01:24] die Antwort ist Nö. Also ich arbeite in Teilzeit und verdiene so mein Geld und brauche für die Konzeption des Podcasts, also die Recherche, Interviews, Einsprechenschnitt, Distribution und Marketing zusätzlich jede Woche so um die 15 Stunden und ich liebe das auch richtig doll und bin total froh, dass das mittlerweile so einen großen Teil meines Lebens einnimmt. Ja und wenn du Lust hast, das Ganze nicht nur mit Klicks und Weiterempfehlungen zu supporten, gibt es jetzt auch die Möglichkeit, auf Steady zu spenden. Dort findest du verschiedene Mitgliedschaften, mit denen du den Podcast ab 1,50 Euro monatlich unterstützen kannst. Also schau einfach direkt über meine niegelnagelneue Webseite feminismus-mit-vorsatz.de, also alles zusammen oder direkt auf steadyhq.com.de. Auch zusammengeschrieben, vorbei. Ich würde mich natürlich mega freuen und danke auch an dieser Stelle an die ersten beiden Mitglieder Leon und Martin. Ist ja eben doch eine [00:02:27] Form von Wertschätzung, so Geld und so. Ja zum Thema. Der Titel der Folge ist ja gemeinsam vereinzelt Hashtag me too und wenn das Private politisch wird und ich hatte es am Ende der letzten Folge ja schon angekündigt, lasst uns miteinander reden. Also jetzt nicht nur ich mit dir, sondern auch du mit dir und natürlich anderen, denn diese Ungerechtigkeiten, von denen du jetzt im Podcast schon einige gehört hast und wahrscheinlich auch schon selbst erlebt hast, erleben halt viele Menschen. Wir müssen uns darüber austauschen, weil es sich eben nicht um Ausnahmen handelt und sie gemeinsame Erfahrungen von vielen sind, also kollektive strukturelle Erfahrungen. Für mich war es zum Beispiel ziemlich erleichternd mitzubekommen, dass nicht nur ich dieses Lach doch mal zu hören bekomme. Von klein an höre ich mir das an und habe es auch ja meistens persönlich genommen, weil ich dann dachte, die Leute finden mich irgendwie unsympathisch oder hässlich oder was weiß ich und heute denke ich mir [00:03:29] halt so, ja selbst wenn, sag mir doch nicht wie ich auszusehen habe, aber diese Gewissheit kam ja vor allem daher, dass ich eben Frauen kennengelernt habe, denen es genauso geht und weil ich den Unterschied erfasst habe, dass Männer eben nicht oder sehr viel seltener gebeten werden netter zu gucken. Die sind schließlich meistens keine Objekte, die schön auszusehen haben und Frauen halt leider schon. Und zu. Es war auch für mich ein totaler Knackpunkt zu verstehen, dass Sexismus so tief in unserer Gesellschaft verankert ist. Also wenn ich davon spreche, dass etwas strukturell ist, dann meint das erstmal ganz ganz viele überkomplexe Verkettungen, die letztendlich eine Struktur ergeben und dieses Komplexe führt dazu, dass Diskriminierung nicht so offensichtlich passiert. Diskriminierendes Verhalten und Handeln ist in dieser Struktur verankert, findet aber häufig versteckt statt. Deswegen wird auch oft von Alltagssexismus gesprochen. Dieses alltägliche meint weniger fiese Stammtischparolen, sondern eher den abschätzigen Blick auf einen kurzen Rock [00:04:34] oder eben den lüsternen Blick. Es meint sexistische Werbung mit halbnackten Frauen, die nichts mit dem zu verkaufenden Produkt zu tun haben. Es meint Vorstände von Unternehmen, die sich ernsthaft eine nullprozentige Frauenquote zum Ziel gesetzt haben. Erzalando, Vielmann, Sixt, Xing und einige andere konnten da angegend schon tolle Erfolge feiern. Es meint aber auch die Schuljungen, die Witze über die Oberweiten ihrer Mitschülerin machen oder den Chef, der einer Bewerberin zu verstehen gibt, dass er sie nicht einstellen wird, weil sie eh bald schwanger sein wird. Natürlich sind auch Männer Rollenbildern ausgesetzt. Sie müssen stark sein, der Beschützer, der Ernährer, muskulös, potent und erfolgreich. Ich werde das jedoch nicht Sexismus oder umgekehrten Sexismus nennen. Gemeinhin wird Sexismus zwar als Diskriminierung auf Basis des Geschlechts definiert. Allerdings funktioniert Diskriminierung nur, wenn einer überlegen ist, [00:05:35] also mächtiger und der andere nicht. Solange das Gefälle zwischen den Geschlechtern so aussieht, dass Männer eher in Machtposition sind, verhalten sie sich in genannten Fällen sexistisch gegenüber Frauen. Andersherum können Frauen durchaus blöde Sprüche loslassen. Es gab da mal diesen Minartrash-Hashtag. Aber wenn juckt's denn wirklich? Sind Männer dadurch gesellschaftlich abgestiegen? In den Shownotes ist nochmal ein Artikel von jetzt.de verlinkt. Lies da gern weiter. Ich möchte es nochmal festhalten. So oder so ist Sexismus tief in uns eingearbeitet. In uns alle. Ganz ganz ähnlich wirkt Rassismus, der ebenfalls strukturell in unsere Gesellschaft gewebt ist. Auch da gibt es ja immer mal wieder den Vorwurf des umgekehrten Rassismus, also gegenüber Menschen mit Rassismuserfahrung, schwarzen Menschen, die angeblich rassistisch gegenüber weißen Menschen sein sollen. Aber auch da ist das Machtgefälle zwischen schwarz und weiß maßgebend und umgekehrter [00:06:37] Rassismus ja nicht möglich. Ich möchte darauf auch noch viel genauer eingehen, belasse es in dieser Folge aber erstmal bei Buchtipps, die du in den Shownotes finden kannst. Sehr gerne zitiere ich auch mal wieder Julia Korbik, die das mit dem strukturellen Sexismus so beschreibt. (.........) Und eine Frau, die Familie und Job nur schwer unter einen Hut bekommt, ist eher von dem gesellschaftlichen Frauen- und Mutterbild gestresst, als von mangelndem Organisationstalent geplagt. Auch sexuelle Gewalt betrifft nicht nur Einzelne, sondern ist Ausdruck einer Gesellschaft, in der Gewalt für besonders männlich gehalten wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass deine Probleme auch andere haben, dass das Problem kollektiv ist, ist also ziemlich hoch. (...) [00:07:38] Die MeToo-Bewegung war ein beeindruckender Ausdruck dessen, was getan werden kann, um Alltagssexismus sichtbar zu machen. Geprägt wurde MeToo ursprünglich von der Aktivistin Tarana Burke und im Oktober 2017 verbreitete sich der Hashtag dann weltweit, besonders im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Filmproduzent Harvey Weinstein. An dieser Stelle möchte ich für die nächsten Podcast-Minuten eine Triggerwarnung aussprechen, denn es wird um sexuelle Übergriffe und Gewalt gehen und wenn du dir das nicht geben willst, dann lass es bitte bleiben. (33 Sekunden Pause) S11 [00:08:43]: Ein grelles Licht erhält wieder einmal das Verhältnis zwischen Männern und Frauen, genauer zwischen Mächtigen und weniger Mächtigen. (....) Nein bedeutet Nein und Sexismus macht aus Menschen Objekte. Darf man also nicht mehr flirten? Wann ist ein Kompliment abfällig, wann anerkennend? Das sind Ablenkungsfragen. (.......) S15 [00:09:16]: Die MeToo-Debatte hat mich nochmal daran erinnert an eine Situation, die mir in Australien passiert ist und hat mir nochmal vor Augen geführt, wie übergriffig das war und wie hilflos ich mich gefühlt habe und mir auch nochmal bewusst gemacht, wie oft das eigentlich vorkommt, (..) wie wenig darüber gesprochen wird. Also mir ist auch nochmal so bewusst geworden, wie wenig ich darüber eigentlich geredet habe, weil ich eben beschämt war. S05 [00:09:53]: Auch für mich war das ein ziemliches Erweckungserlebnis, dass es sich nicht erst um einen meldenswerten Übergriff handelt, wenn ich von einem fremden Menschen im Park vergewaltigt werde. Denn seit der Verschärfung des Sexualstrafrechts 2016 kommt es ja nicht mehr darauf an, ob nur mit Gewalt gedroht oder diese auch angewendet wurde. Entscheidend ist, das Opfer hat die sexuelle Handlung nicht gewollt. Nein heißt Nein, du erinnerst dich. Abgesehen davon handelt es sich bei den TäterInnen eher um nahestehende Personen. Um Personen, denen du dein Vertrauen vielleicht schon geschenkt hast. Das zeigt eine Studie des Bundes über die Lebenssituation von Frauen in Deutschland. Bei möglichen Mehrfachnennungen gaben nur 14,5% der Befragten an, dass der Täter oder naja es sind in den wenigsten Fällen Frauen ein Unbekannter war. 22,3% kannten denjenigen flüchtlich und in den meisten Fällen also 49,3% handelte es sich um Ex-PartnerInnen oder aktuelle Geliebte und [00:10:54] PartnerInnen. Nicht umsonst haben FeministInnen jahrelang dafür gekämpft, dass Vergewaltigung in der Ehe bestraft werden kann. Bis zum Gesetzesbeschluss 1997 wurde anscheinend so getan, als gäbe es sowas nicht oder würde halt einfach zu den Pflichten einer Ehefrau gehören, egal ob sie will oder nicht. Aber gut, ob ihr oder nicht, dein Date, FreundInnen, Verwandte oder fremde Menschen im Park, sobald es gegen deinen Willen auch nur zur Androhung von sexueller Gewalt kommt, ist das strafbar. Dafür muss aber auch erstmal erkannt werden, was eigentlich sexistisch ist oder was sexuelle Gewalt androht, ist jetzt vielleicht auch nicht immer so einfach S13 [00:11:33]: zu differenzieren. Puh, also ich fand das echt stark und wichtig, dass Frauen sich dazu geäußert haben. Hätte mich jetzt aber selber mehr so in diese Helikopterperspektive gepackt, also wo ich das einfach immer nur so verfolgt habe, mich selber wirklich nie betroffen gefühlt habe, nie das Gefühl hatte, ach ja, das kommt mir bekannt vor. Das ganze Drama habe ich auch voll miterlebt S02 [00:11:55]: und war auch mit auf dieser MeToo-Welle. War dann allerdings irgendwann echt schwer genervt, weil ich der Meinung bin, dass viel zu viele Frauen sich das ein bisschen ausgenutzt haben und einfach gesagt haben, ja, MeToo und da auch vielen Männern einfach nicht ganz gerecht gegenüber gehandelt wurde und dass man da einfach irgendwie übertrieben hat. Aber dadurch, dass man sagen konnte, Hashtag MeToo und wenn da auch nur irgendeiner was gegen gesagt hätte, so nach dem Motto, ja, komm mal runter, dann wäre man sofort irgendwie angemeiert worden und gesagt, was fällt dir eigentlich dagegen zu äußern? Das ist so eine gute Bewegung. Endlich trauen sich Frauen aus ihrer Haut raus. S07 [00:12:33]: Ich habe das mitbekommen als ein mediales Phänomen und man hat darüber gesprochen und ich fand das auch, also mich hat das betroffen insofern, als dass ich das schlimm fand, aber ich habe relativ lange gebraucht, um so den Bogen zu spannen, um erstens diese strukturelle Ungerechtigkeit mit zu schneiden und wahrzunehmen und dann aber auch auf mein eigenes Leben zu beziehen und dann wieder zurück. Was sind mir denn für Dinge widerfahren, die irgendwie prägend waren und die so einfach kein Einzelfall sind, sondern was Strukturelles dahinterstehend haben und unter anderem so Dinge, wie das mir aufgefallen ist, es ist nicht normal, dass einem als 13-Jährige im Zeltlager von dem 25-jährigen Tima erzählt wird, wie schade es ist, dass man noch nicht 18 sei, weil dann könnte man ja entjungfert werden und ich das als ein Kompliment quasi damals verstanden habe, weil ich den cool fand [00:13:33] und natürlich Jahre später mir denke, ach du scheiße. Es hat dann doch ziemlich lange gebraucht, um festzustellen, S13 [00:13:45]: da war doch auch mal was bei dir, aber irgendwie habe ich das sehr verdrängt und ganz schön untergraben. Ich weiß jetzt nicht, ob der Anschluss jetzt allein durch die MeToo-Kampagne kam, aber es hat mir, ich würde sagen, es hat mir Mut gemacht, erst mal mit mir selber dazu nochmal ins Gespräch zu kommen und das ist, glaube ich, schon mal der erste Schritt in die richtige Richtung (.) und ja, zumindest in der Hinsicht mein Denken verändert mir nochmal zuzugestehen. Das war nicht cool, was damals vorgefallen ist und ich weiß einfach auch noch leider, wie ich mir damals auch noch die Schuld gegeben habe, für dass das passiert ist. Und ich war dann aber echt irgendwie krass genervt S02 [00:14:24]: davon, bin dann aber wieder zurück und habe überlegt, was ist denn bei mir, wie sieht es bei mir so aus (..) und hatte zu der Zeit einen Job, wo ich nicht direkt sexuell belästigt worden bin, aber wo ich auf jeden Fall was hätte sagen können, aber nie was gesagt habe und ich glaube, in dem Moment hätte ich mir den Hashtag MeToo auch auf meine Visitenkarte schreiben können. MeToo nicht im Sinne von direkt, ich bin sexuell belästigt worden oder vergewaltigt worden oder sonst was, sondern einfach MeToo. Ich habe mich unwohl gefühlt, weil ich Kommentare von einem Mann bekommen habe. Auch wenn das jetzt nichts Schlimmes S13 [00:15:06]: war, beziehungsweise jetzt, wo ich das schon wieder sage, ertappe ich mich dabei, es wieder zu rechtfertigen und zu sagen, ach, du wurdest doch gar nicht vergewaltigt oder sonst stelle dich doch mal nicht so an, aber es waren sexuelle Übergriffe und ich habe durchaus dann leider auch mich hinterfragt, was ich denn falsch gemacht habe oder was für Signale ich gesendet haben musste, dass diese Person gedacht hat, sich das S07 [00:15:28]: erlauben zu können. Also ich habe jetzt im Urlaub zum Beispiel wieder gemerkt, als ich mit zwei Männern über so ein Erlebnis oder über dieses Erlebnis gesprochen habe, dass ich mich da dann doch auch wieder erst mal erklären musste und eben dieses Verharmlosende ausräumen musste. Das fand ich erstaunlich, also auch nach 2017 irgendwie noch erklären zu müssen, nein, so was kann nicht sein und es darf einfach so nicht stattfinden. (.) S14 [00:15:57]: Ich denke, wenn ich jetzt Abfahr von sexuellen Belästigungen wäre und oder sexuellen Übergriffen, dass ich definitiv selbstbewusster reagieren würde. Ich würde mich selbstbewusster widersetzen und ich glaube vor allem, dass mich in diesem Denken die MeToo-Debatte bestärkte. S05 [00:16:15]: Wie du hörst, haben die Aussagen ziemlich viel gemeinsam. Gemeinsame Erfahrungen eben, für die sich Einzelne ursprünglich geschämt haben, weil sie dachten, es beträfe nur sie allein. Wenn du es zu MeToo-Zeiten noch nicht getan hast, frag doch mal in deinem Freundinnenkreis rum. Also bitte nicht so plump, wie sich das jetzt gerade anhört, aber wahrscheinlich wird nahezu jede Frau von sexueller Belästigung oder Übergriffen berichten können. Auch ich habe nochmal in älteren Aufnahmen von mir gekramt und einen Ausschnitt gefunden, in dem ich von einer unangenehmeren Situation berichte und das ist auch wieder typisch. Ich habe seit der Aufnahme, also seit über einem Jahr, auch nicht mehr daran gedacht. Verdrängung ist echt ein hungriges Monster. Das ist der Wahnsinn. (.) S04 [00:16:59]: Ich kann mich jetzt an eine Situation erinnern, in Neukölln im Club. Da war ich mit einer Freundin unterwegs und die hatte noch drei Kumpels dabei und irgendwann waren wir dann auch ziemlich gut dabei, ziemlich betrunken und irgendwann war dann dieser eine Kumpel auch der Meinung, mir irgendwie an den Arsch zu fassen. Und dadurch, dass das aber auch ein Kumpel war von dieser Freundin und irgendwie von den anderen Jungs und ich mich wirklich auch gut mit denen verstanden hatte, konnte ich das dann noch schwieriger einordnen, als ich das könnte, wenn es ein Fremder wäre. Also gut, mit Fremden ist das auch wieder schwierig, weil dann ist man immer so, hä, war das jetzt ein Versehen? Also ist das jetzt einfach gerade nur eng und der ist nicht anders an mir vorbeigekommen. Klar, wenn man dann im Nachhinein darüber nachdenkt, ist man auch so, ja, bestimmt. Aber ich glaube, ich bin halt nicht so vorbereitet, was ich dann machen soll. Also ich habe mir noch nicht fest vorgenommen, dass ich dem dann direkt eine reinhaue, sondern ich glaube, ich für mich wünsche mir einfach, dass das nicht passiert, dass ich gar nicht erst in die Situation komme, [00:18:00] darauf irgendwie reagieren zu müssen. Und auch mit diesem Kumpel, ich glaube, ich weiß gar nicht, was ich dann gemacht habe. Ich glaube einfach nichts. Und dann so ein paar Wochen später hatte ich auch mehr im Witz dieser Freundin, die da mit mir war, davon erzählt, ach so, ja, ach der Typ, den siehst du mal wieder. Ah ja, der hat mir damals voll an den Arsch gekrapscht. Aber ich war eher so, ha, ha, ja, lustig. Und sie guckt mich halt so an, äh, was? Und ich so, ja, nee, das war ja dann auch nicht so, das war ja nicht böse gemeint oder so. Und sie halt so, äh, ja, aber, also, das ist aber nicht cool. Also egal, ob das jetzt ein Kumpel von mir ist oder irgend- das macht man einfach nicht, das gehört sich einfach nicht. Und ja, hat es, glaube ich, also vor allem aufgestoßen, dass ich ihn sozusagen fast verteidigt habe oder irgendwie so war, ja gut, wir waren ja auch betrunken und, ähm, gut, wir haben ja auch irgendwie zusammen getanzt oder so. [00:19:03] Dann, ja, dann kann das schon mal passieren. Also, ja, also, ja, ich weiß auch nicht, da hatte sie mich auf jeden Fall kalt erwischt. (.) S05 [00:19:16]: Boah, ähm, an dem Punkt hatte ich zwar irgendwo schon verstanden, dass da irgendwas nicht okay war, aber so, wie ich die Dinge am Ende weglache und auch so zur Unterhaltung preisgebe, merke ich, dass da allein im letzten Jahr doch noch einiges mehr an Bewusstwerdung passiert ist und auch in Zukunft passieren wird. Also, ist ja eine Reise hier, aber, ja, krass. Aber zurück zur Hauptaussage, also MeToo hat das Ganze ja jetzt unterfüttert. Fakt ist, wir leben in einer sexistischen Gesellschaft und der Scheiß ist einprogrammiert. Die Frage ist jetzt, wie kriegen wir das wieder raus? Ich habe das dumme Gefühl, dass jeder und jede seine oder ihre eigene Festplatte neu formatieren muss oder, naja, zumindest im ersten Schritt schlaue Sachen lesen, hören und sehen, sich reflektieren. Bei einer Lesung zu Black Feminism meinte Alice Hays das, dass es nun schon so lange Rassismus gibt, dass einfach kein lebender Mensch existiert, [00:20:17] der sich an eine Welt ohne Rassismus erinnern kann. Vielleicht ist das mit Sexismus genauso. Wie könnte dieses bessere Leben denn aussehen und wie kommen wir da hin? Ich denke, um da weiterzukommen, braucht es einen weiteren Schritt. Sich politisieren. Das bedeutet einfach, dass sich Menschen politisch engagieren müssten, wenn sich was ändern soll. (.) S03 [00:20:40]: Ich verstehe das so, dass man Dinge oder Situationen, die einem im privaten Leben passieren, in dem Zusammenhang als Frau, also vielleicht sexistische Äußerungen oder frauenfeindliche Äußerungen, dass man so etwas vielleicht einfach in seinem Privatleben hinnimmt und sich keine Gedanken großartig darüber nimmt und es einfach akzeptiert, wobei es aber eigentlich wichtig wäre, das auch an die Öffentlichkeit und somit in die Politik zu bringen und mehr darüber zu reden. S06 [00:21:05]: Hätte man mich vor 10, 15 Jahren gefragt, ob ich politisiert bin oder ein politischer Mensch bin, hätte ich ganz klar Nein gesagt. Das hat mich früher so null, null, null, Komma null interessiert. Ja, ich bin 2003 auf die Straße gegangen, um gegen den Irakkrieg zu demonstrieren. Ich war in der Antifa, aber eher, weil es cool war und nicht, weil ich dachte oder wirklich die politischen Sachen verstanden habe. Aber so in den letzten 5 bis 10, eher 5 Jahren interessiere ich mich echt immer mehr für Politik und verstehe es auch immer mehr. Ich glaube auch zum Teil wegen meiner Erfahrungen, die ich gemacht habe, durch meinen Partner, der als Flüchtling nach Deutschland kam und ich damit quasi Teil der politischen Ereignisse war. Und dadurch habe ich mich, glaube ich, immer mehr dafür interessiert und rege mich auch immer mehr über Politik auf. Würde mich auch gerne mehr politisch engagieren, weiß aber leider nicht wie [00:22:12] beziehungsweise weiß nicht wofür. Keine der Parteien überzeugt mich zu 100%. Ich weiß noch, auch wenn ich mich nicht für Politik interessiert habe, habe ich mich so sehr gefreut, als ich endlich das erste Mal wählen durfte und bin mir meines Privilegs wählen gehen zu dürfen sehr bewusst. Also ein Hoch auf die Demokratie und Leute, Politik ist was Wichtiges. S05 [00:22:40]: Ja, akzeptiert es einfach mal. Nee, auch das ist ja natürlich ein Prozess. Auch bei mir ist dieses politisch werden echt ein ewiges Auf und Ab. Ja, denn wie wahrscheinlich in einigen Städten im Osten Deutschlands, war in meiner Jugend relativ klar, dass ich entweder links oder rechts sein kann. Bei uns in Leipzig hatte ich den Eindruck, dass dazwischen kein Wahlbereich ist. Und ja, ähnlich wie bei meiner Bekannten war es einfach ganz cool bei der Antifa zu sein und auf Demos irgendwas mitzubrüllen, was ich eh nicht verstanden habe. Denn auch die mit Fremdwörtern gespickten Broschüren der linken Läden habe ich nie so wirklich gecheckt. Naja und dass ich aus der Vorstadt komme, das habe ich dann lieber auch nicht erwähnt. Nichtsdestotrotz war das auch die Zeit, in der ich diese Kraft der Gemeinschaft und dieses motiviert sein, weil wir alle gegen das Gleiche sind, zum ersten Mal zu spüren bekommen habe. Mit der Zeit wollte ich nur lieber für irgendwas sein. Mit dem Studium in einer Thüringer Kleinstadt kam auch die Käseglocke. Ich habe echt nichts mehr mitgekriegt. [00:23:40] Obwohl ich was mit Medien studiert habe, war ich wirklich völlig raus. Ich weiß noch, dass wir Fragebögen zum Thema politischer Verdrossenheit erstellen sollten und ich mich sehr stark mit dieser Verdrossenheit identifizieren konnte. Den Tiefpunkt bezeichnete eine schriftliche Prüfung, in der der Fall um Whistleblower Edward Snowden behandelt wurde. Ja und ich kannte halt den Namen einfach nicht. S08 [00:24:02]: Mein Name ist Ed Snowden. Ich arbeite für Booz Allen Hamilton als Infrastrukturanalyst für NSA in Hawaii. S05 [00:24:10]: Und ich wusste sofort, dass das richtig, richtig peinlich ist. Ich bin dann also nach Berlin gezogen und ehrlich gesagt hatte ich mehr erwartet. So wie in Leipzig, wo ich kaum an Politik vorbeikam, ging es mir in Berlin nämlich erstmal gar nicht. Und um das Edward Snowden Debakel nicht nochmal zu wiederholen, habe ich dann angefangen, jeden Tag Deutschlandfunk zu hören. Ehrlich gesagt ein ziemlich beschissener Start in den Tag. Glyphosat und Brexit, Tag ein, Tag aus und Terror. So viel Terror, dass ich letztendlich auch Angst hatte, am Alexanderplatz rumzustehen. Während meines Auslandssemesters passierte in Berlin dann das Attentat am Breitscheidplatz und bei mir so eine Art spirituelle Business-Erweckung. Vielleicht hattest du damit schon mal zu tun, Business-Tools und Persönlichkeitsentwicklung. Damit wird zum einen jede Menge Geld gemacht und zum anderen gibt es tatsächlich einiges Interessantes zu lernen. Aber zu einem politischen Menschen hat mich das sicherlich nicht gemacht. Und das während ich in Buenos Aires an einer der politischsten Unis studierte. Also da verging wirklich kein Tag, an dem ich nicht gesehen habe, dass Studierende Banner bemalt und Plakate geklebt haben. Es gab auch Sitzstreiks und alles mögliche. [00:25:19] Die Entrepreneure, denen ich folgte werben dagegen eher für Nachrichtendiäten. Habe ich dann natürlich auch gemacht. Tagespolitik? Nö. Ist aber leider ziemlich selbstbezogen und dann sind wir halt auch wieder bei diesem, du bist allein für dich verantwortlich, du als Individuum. Es blendet dieses ganze Strukturelle total aus. Denn auch wenn in spirituellen Kreisen gemeinschaftliches hochgehalten wird, sobald damit Geld verdient wird, geht es doch irgendwie einfach um Selbstoptimierung und eben nicht um das Gemeinschaftliche. Mit der Beschäftigung mit Feminismen und damit oftmals verknüpften Diskriminierungsformen wie eben Rassismus nimmt meine Politisierung auf jeden Fall Fahrt auf. Eine Entscheidung dafür war besonders wichtig. Glaube ich daran, dass der Tropfen auf den Stein etwas bewirken kann oder nicht? Ja und meine Antwort ist ja. Über das Private hinaus, also auf Arbeit, in den Öffis, auf der Straße und überall sonst noch für den eigenen Standpunkt einzustehen, klingt erstmal sehr heroisch, irgendwie anstrengend und vielleicht sogar verbissen. [00:26:20] Das Private ist politisch ist einer der Ausrufe der 70er Jahre Frauenbewegung. Zugegeben lässt dieser Ausspruch einigen Interpretationsspielraum zu. So war er dieses Jahr auch das Motto der Berlinale, weil letztendlich, was ist denn nicht politisch? S12 [00:26:36]: Das Private ist politisch bedeutet für mich ja, dass man auch im Alltag natürlich mit ganz unterschiedlichen Menschen in Kontakt kommt, die vielleicht auch mal nicht die gleiche politische Meinung haben wie die eigene. Letztens hatte ich zum Beispiel einen Fall, wo eine Frau, wahrscheinlich ein bisschen verwirrt, in der Bahn irgendwie was von Türkenkindern geredet hat und es war auf jeden Fall rechtes Geschwafel. Da muss man dann meiner Meinung nach Zivilcourage zeigen, habe ich auch gemacht, aber es haben auch ein paar andere Leute gemacht. Also ich war echt positiv überrascht, wie viele Leute da direkt den Mund aufgemacht haben. Genau, das ist so, was einem im Alltag begegnet, würde ich sagen. Konkreter wird es dann, wenn man selbst von irgendwelchen größeren politischen Maßnahmen betroffen ist. Ich kassiere jetzt schon ein bisschen länger Hartz IV, habe zwar noch einen Nebenjob, bin dann sozusagen Aufstocker und insgesamt auch noch privilegiert. Also es ist jetzt nicht so, dass ich mir Sachen, die ich wirklich haben will, überhaupt nicht leisten kann. Aber trotzdem ist es schon, man hat schon einen gewissen Betrag zur Verfügung. [00:27:40] Ich mache auch gerade noch ein Fernstudium, das könnte ich noch dazu sagen. Aber ein Fernstudium zählt in dem Fall nicht als reguläres Studium und daher konnte ich auch kein BAföG beantragen. Was aber eigentlich noch viel schlimmer ist, ist schon teilweise ein permanenter Druck durchs Amt. Also man muss halt wirklich regelmäßig Unterlagen einreichen, teilweise Kontostände und solche Geschichten. Und das ist ja dann schon ein Druck, der dann auf mich lastet. Und das ist ein ganz konkretes Beispiel, was viele Menschen aber betrifft und viele wahrscheinlich auch viel schlimmer als ich. S10 [00:28:14]: Das Private ist für mich politisch, weil meine eigenen Gedanken und meine Handlungen immer im privaten Bereich immer auch Folgen für andere haben. Und das zeigt sich für mich einfach an der Art und Weise zum Beispiel, wie Männer mit Gefühlen umgehen. Und ich habe ein Rollenbild als Vater gehabt, der mit seiner Emotionalität nicht sonderlich gut umgehen konnte, beziehungsweise damit nicht sonderlich offen war, weil er auch wiederum vermutlich einen Vater hatte, der ähnlich war. Und so bin ich vielen jungen Männern begegnet, die auch Väter hatten, die sicherlich Emotionalität wahrgenommen haben, aber Schwierigkeiten hatten, damit gut umzugehen. Und da zeigt sich sehr schön, wie dann aus einer Person, die mit Emotionen nicht so gut umgehen kann oder aus einer Gesellschaft, die Männer als unemotional entwirft, dass daraus viele andere junge Männer werden, die dann in Beziehungen oder in Partnerschaften oder in Freundschaften landen, in denen sie mit dem Thema Emotion erstmal auf eine bestimmte Art und Weise umgehen. Und dann plötzlich vielleicht auch lernen müssen, anders damit umzugehen, als sie es selbst vorgelegt bekommen haben. S05 [00:29:18]: Oder sie werden dann einfach Diktatoren und führen einen Krieg nach dem nächsten. Irgendwo muss das Ganze ja kanalisiert werden. Also ist jetzt meine spontane These. Ich kann nichts beweisen. Für mich ist mittlerweile so ziemlich alles politisch. Auch Leitungswasser zu trinken, statt Wasserflaschen zu kaufen. Die 70er Jahre Frauenbewegung im Westen Deutschlands erkannte den Zusammenhang von privaten Problemen, die eigentlich gesellschaftliche sind, und verschaffte sich Gehör, indem sie diese Probleme politisierte. Und diese befreiende Entdeckung, nicht allein mit Problemen von Sexualität bis Gewalt zu sein, wurde eben von der amerikanischen Feministin Kate Millett dann in dem Slogan, das Private ist politisch, übersetzt. S16 [00:29:58]: Also der Ausspruch, das Private ist politisch, erinnert mich als allererstes mal an eine geschichtliche Hausarbeit, die ich zu dem Ausspruch geschrieben habe. Ich habe wirklich nur noch sehr vage Erinnerungen, was davor eigentlich war, weil das für mich kein, das klingt hart, aber es war für mich kein präsentes Thema in meiner Kindheit und Jugend auch nicht. Ich glaube, vielleicht war ich da eher in dieser Coolness-Phase, wo ich dachte, es gibt keine Unterschiede und bin dann eher so, ich war auf keinen Fall sensibel dafür, wie diese politischen Strukturen in meinem Privatleben noch mit einwirken. Und das hat sich mit dieser Hausarbeit auf jeden Fall geändert und ich habe auch gesehen, wie relevant für mich das Private ist, um politisch zu handeln oder politisch irgendwie wirksam zu sein, weil man diese Strukturen erstmal aufdecken muss im Privaten, weil sie da so viel versteckter sind. Und ich glaube auch, dass wir auf der politischen Ebene, was die Gleichstellung von Mann und Frau sind, schon einen weiten Weg getan sind, aber auf der privaten Ebene das noch überhaupt nicht so angekommen ist. [00:31:05] Dass es in der privaten Ebene wir da noch sehr zurückhängen und dass es uns jetzt vielleicht ansteht, das auch weiterhin genauer unter die Lupe zu nehmen. S05 [00:31:13]: Das finde ich echt interessant, weil das bedeutet ja, dass es so eine Wechselwirkung ist. Damals in den 70ern hat man dann verstanden, okay, meine privaten Sachen sind gar nicht nur privat und individuell, sondern die betreffen eben viele Leute. Das ist ein kollektives Problem und deswegen sollten wir uns gesellschaftlich auch darum kümmern. Und du hast dann quasi in der Gesellschaft angefangen, gesehen, dass da irgendwie Gesetze geändert werden und da wird die Situation für die Frau verbessert. War jetzt irgendwas schlecht? Guck mich mal nach. (.) Und kannst du dich noch erinnern, was du da in deinem Privaten entdecken konntest? (..) S16 [00:31:57]: Also ich habe eher so zeitgenössischere Beispiele. Jetzt, wo ich mit meinem Partner auch zusammen wohne. Das zeichnet sich auch schon vorher ab, aber ich sehe einfach, er macht die handwerklichen Dinge. Ich meine, er ist auch Handwerker und dann macht er mal hier schnell noch was, bringt schnell noch was eben an. Und ich koche derweil schnell noch ein Abendessen, damit das alles ganz effizient und fix passiert. Und sowas basiert halt aber nicht auf dem Zufallsprinzip, sondern vielleicht auch nach Kompetenzen. Aber wer weiß, das bedingt sich ja alles gegenseitig. Oder dass ich halt eigentlich immer die Wäsche wasche. Also ich wasche ich immer die Wäsche, weil ich auch weiß, er wirft einfach nur alles zusammen. Und das will ich dann nicht. Dann mache ich es lieber. Und sowas, da denke ich mir, das kann ich mit einem gewissen Humor auch nehmen. Das nehme ich auch mit einem Humor, weil es mich noch nicht irgendwie total abfuckt. Aber es fällt mir schon auf. S05 [00:32:58]: Während bei dieser Freundin zunächst das Politische in die Privatsphäre einwirkte, musste die westdeutsche Gesellschaft erstmal erkennen, dass private Erfahrungen sehr wohl gesellschaftliche Bedeutung haben. Genauso wie die Frau, die bis dahin mehr oder weniger das Private ausmachte, eine öffentlichere Rolle in der Gesellschaft spielen wollte. Die berühmten 68er wollten ja nicht weniger als die Revolution. Dummerweise wurden die Frauen dabei mehr oder weniger vergessen. Besonders schön zeigt sich das beim wohl berühmtesten Tomatenwurf der Geschichte. Na, zumindest kenne ich keinen weiteren. Heike Sander sprach vor den Männern und Frauen des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, kurz SDS, und forderte dazu auf, die Anliegen der Frauen ernst zu nehmen. Nach der Rede gab es dann schön Mittagessen und danach sollte es einfach im Programm weitergehen. Dass einer Diskussion aus dem Weg gegangen werde, das hatte die ein oder andere Frau sich vorher schon gedacht. Und Sigrid Rüger warf kurzerhand sechs Tomaten Richtung Pult, wobei einer den SDS-Vorsitzenden traf. [00:34:01] Heute gilt dieser Tomatenwurf als Beginn der neuen Frauenbewegung. (.) Weitere aufsehenerregende Aktionen wie die Titelgeschichte »Wir haben abgetrieben« im Stern, bei der 374 Frauen, darunter zum Beispiel auch Romy Schneider, Bekannten illegal abgetrieben zu haben, folgten. Die Frauen der westdeutschen Bewegung der 70er konnten endlich aufhören, den Fehler ständig bei sich selbst zu suchen. Sie waren nicht falsch, das System war und ist falsch. Ein System, in dem Frauen zurückgezogen ins Private, viel isolierter voneinander waren. Und ein System, das von Männern für Männer gemacht wurde. Wie das heutzutage immer noch ist, dazu komme ich beim nächsten Mal. (...) Schreib mir gerne über Social Media oder an Feminismus mit Vorsatz, also zusammen und klein at gmail.com, wenn du Sprachnachrichtlerin werden möchtest. Vielleicht hörst du dich ja dann baldestens in diesem Podcast. Schau für die Buchtipps gerne in die Shownotes, check mal meine tolle neue Webseite aus [00:35:05] und erzähl deinen lieben und nicht so lieben Menschen von dem Podcast. (.) Weihnachten ist Spendensheit und das Fest der Liebe. Und wie gesagt, es gibt jetzt Daddy und man kann auch bewerten. (.) Zu guter Letzt schiebe ich noch eine Sprachnachricht hinterher, die auch mein Lieblingsbuch vom letzten Jahr lubet und preiset. Und wer es noch nicht kennt, dem sei es womöglich als Weihnachtschanukka-Geschenk oder von Noel Baba oder wem auch immer gegönnt. (.) S07 [00:35:35]: Also ich glaube, Me Too ist so richtig bei mir angekommen in der Kombination dann mit feministischer Lektüre und auch, ich glaube, ganz viel diesem Ursprung der Liebe, Graphic Novel, was ja mein letztes Jahr so geprägt hat. Weil ich glaube, dann konnte ich zum ersten Mal so die Brücke schlagen zwischen, okay, persönliche Ereignisse, strukturelle Problematiken und auch dieses Wechselspiel zwischen, es ist vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar, wenn man jahrelang in einem patriarchischen System gelebt hat und auch so groß geworden ist, wo so der Knackpunkt ist zwischen, das geht nicht klar, hier passiert gerade Unrecht. Also in dieser Kombination würde ich sagen, dass ich heute Me Too als das große und das wichtige Ereignis verstehe, was es sicherlich damals schon war. S05 [00:36:27]: Ich danke allen SprachnachrichtlerInnen mal wieder für ihren Mut und verbleibe wie immer mit feministisch vorsätzlichen Grüßen. Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

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